Mittwoch, 17. Dezember 2008

Rat-Schläge oder: Die besten Kapitäne stehen immer an der Pier

| Denkzettel Nummer 3 | managerismus.com |

Man kennt das aus alten Märchen: Wenn Feinde das Reich bedrohten, Dürre oder Hungersnot ausbrachen oder die Königstochter in Schwermut verfiel – kurz: Immer, wenn die Situation prekär wurde, ließ der König seine Ratgeber kommen und beriet mit ihnen, was zu tun sei.

Die Ratgeber waren unterschiedlichster Herkunft und Profession. Die Einen lebten am Hofe, andere als Eremiten in der Einsamkeit, wo sie sich in Selbstversenkung übten. Manche waren religiöse Männer, die eifrig die heiligen Schriften studiert hatten. Einige, mit seherischer Kraft gesegnet, konnten an Hand bestimmter Zeichen und Begebenheiten die Zukunft deuten. Etliche waren Philosophen, die Kraft ihres Geistes nach der Wahrheit, dem Wesen der Dinge und dem rechten Tun forschten. Alle aber waren ehrwürdige, erfahrene Männer, die das Leben, die Welt und die Menschen kannten und auf ihre Weise interpretierten. Jeder von ihnen hatte in seinem Leben viel gesehen, erlebt und gelernt.

Märchen kommen selbst in Kinderbüchern heute kaum noch vor, Königreiche mit unumschränkten Alleinherrschern, Prinzessinnen und Hofstaat sind ebenfalls so gut wie ausgestorben, aber sie gibt es noch: Berater!

Nur sind es heute nicht mehr ehrwürdige, lebenskluge und in der Sache kundige, alte, weise Männer mit Erfahrungswissen. Im Gegenteil: In der Regel sind es jugendliche oder sich betont jugendlich gebende, smarte, dynamische Analytiker, deren Köpfe vollgestopft sind mit akademischem Fach- und Methodenwissen. Sie treten forsch auf mit dem Anspruch, jedes Unternehmen sezieren, Schwachstellen sofort erkennen und nachhaltig ausmerzen zu können. Ihr Vorgehen ist praktisch immer dasselbe: Sie haben eine Methode, die sie mit eindrucksvoll klingenden Anglizismen und pseudowissenschaftlichen Begriffen propagieren. Mit dieser Methode werden die Probleme der Unternehmen in wissenschaftlich verbrämter Sprache beschrieben, analysiert und evaluiert. Aus der Evaluation ergibt sich dann ein Maßnahmenkatalog, dessen Umsetzung die Lösung der Probleme bringen soll.

Und noch einen Unterschied gibt es zu den Beratern, derer die alten Herrscher und Könige sich bedienten. Diese suchten den Rat der klugen Männer und holten sie als Ratgeber an den Hof. Den heutigen großen Unternehmen drängen sich die Consultants nachgeradezu auf. Sie formieren sich in Alumni-Netzwerken und schicken sich an, die Top-Management-Ebene vieler Unternehmen systematisch zu durchsetzen. Gewollt ist der schleunige Rollenwechsel vom Berater zum Vorstand. Von dort kommen auch die lukrativsten Aufträge, und das mitunter ohne echte Konkurrenz. Man ist unter sich.

Dass die schwierigste Aufgabe, nämlich die Umsetzung des Maßnahmenkatalogs, dem Unternehmen selbst überlassen wird und dass die vorgeschlagenen Maßnahmen wegen ihrer mangelnden Umsetzbarkeit die Lösung sehr oft nicht bringen, scheint niemanden zu stören. Auch scheint es nicht aufzufallen, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Lösung der Probleme in der Regel stets die gleichen sind, nämlich: Umstrukturierung nach World Class-Modellen, Konzentration auf Kernkompetenzen, Herunterfahren des Personalbestands, Benchmarking, Cash-Flow-Optimization, Outsourcing.

Die smarten Berater, die sich vornehmlich Strategy Consultants nennen und wie geklont in streng organisierten uniformierten Rudeln auftreten, werden trotz ihrer alles andere als moderaten Honorarforderungen immer wieder engagiert. Was noch mehr wundert, ist die Tatsache, dass den Managern in den Unternehmen, die doch zumeist eine wissenschaftliche Ausbildung genossen haben, die Fragwürdigkeit der Berater-Methoden nicht aufzufallen scheint. Bekanntlich lautet in der Wissenschaft das oberste Gebot: Die Methode muss sich dem Problem unterordnen, nicht umgekehrt. Das heißt: Es ist aus rein pragmatischen Gründen nicht zielführend, die Probleme eines Unternehmens, das ja, wie allgemein bekannt und immer wieder betont, einen lebendigen Organismus darstellt, nach einer mehr oder weniger willkürlich festgelegten, generell angewandten Methode lösen zu wollen. Die Lösung kann nur in der methodischen Berücksichtigung des jeweils individuellen Problems des jeweils individuellen Unternehmens mit seiner jeweils individuellen Geschichte, Struktur und Kultur liegen. Die Consultants, die der Lebens- und Unternehmenspraxis eher fremd gegenüber stehen, lassen dies souverän außer Acht. Sie sagen sich: Soll sich doch das Problem gefälligst meiner Methode anpassen!

Ein guter Berater sollte wie ein Lotse agieren, der, an Erfahrung, Wissen und Können dem Kapitän gleich, diesem den Kurs durch spezielle gefährliche Gewässer angibt. Den jungen Consultants fehlt es zumeist sowohl an Können als auch an Erfahrung. Was sie mitbringen, sind hauptsächlich theoretische Kenntnisse. Sie sind Leichtmatrosen, die als Kapitän anheuern, und bestätigen durch ihr Verhalten und ihr Tun den Sinnspruch: „Die besten Kapitäne stehen immer an der Pier“.

Für den teilnehmenden Beobachter mit gesundem Menschenverstand erhebt sich die Frage: Warum lassen sich kompetente Manager – gestandene Männer mit Erfahrung – bei ihren Problemen von unternehmerisch unerfahrenen Jungakademikern beraten (das Durchschnittsalter in großen Consultancies wie McKinsey liegt bei 32 Jahren), die Siriusweiten entfernt sind von Lebensklugheit und Weitsicht, und zahlen auch noch viel, viel Geld dafür? Oder sind es nur die Manageristen, weil sie sich selbst mangels Erfahrung und solider Fachkompetenz Entscheidungen von größerer Tragweite nicht zutrauen oder als Absicherung immer ein Alibi brauchen?

Freilich, externe Berater können als Sparringspartner und intellektuelles Korrektiv wichtig und nützlich sein, denn der Blick des Außenstehenden ist ungetrübt, er ist nicht beeinträchtigt von der Nahsicht dessen, der mitten im Geschehen steckt. „Am Fuße des Leuchtturms sieht man kein Licht“ sagt der Volksmund. Mit anderen Worten: Entfernung bringt die Dinge manchmal näher. Deshalb hat es bei den Mächtigen und Herrschenden immer Berater gegeben, nur: Jung und smart und praxisfremd waren sie nicht.

Sonntag, 1. Juni 2008

"The teacher who walks in the shadow...

...of the temple, among his followers, gives not of his wisdom but rather of his faith and lovingness. If he is indeed wise he does not bid you enter the house of his wisdom, but rather leads you to the treshold of your own mind... For the vision of one man lends not its wings to another man."


'THE PROPHET' by KAHLIL GIBRAN, New York, 1923

Donnerstag, 29. Mai 2008

Pragmatismus

Der Pragmatismus – übrigens die einzige originär in Amerika entstandene philosophische Richtung – wird gemeinhin mit plattem Utilitarismus gleichgesetzt. Das trifft nicht den Sachverhalt. Der Pragmatismus ist besser als sein Ruf. Nach Auffassung des Pragmatismus soll man jede Idee – „alles, was mit dem Anspruch auftritt, geglaubt zu werden“ – am „Prüfstein der Praxis“ erproben, ob sie sich bewährt, ob sie eine konkrete Wirkung, irgendeinen erkennbaren Nutzen hat.

Ideen an sich haben für den Pragmatismus wenig Wert. Was zählt, ist ihre Wirkung in der Praxis. Der Pragmatismus glaubt nicht an endgültige, allgemeinverbindliche Wahrheiten, er kennt nur vorläufige Wahrheiten. Schon die nächste Erkenntnis kann die jeweilige Wahrheit wieder verändern. Deshalb lautet die Maxime des Pragmatismus: „Gib gemachte Vorstellungen auf!“

Der Pragmatismus ist also das direkte Gegenstück zum ideologischen Denken, das gekennzeichnet ist von der Fixierung auf eine Idee, vom Primat des Willens vor dem Intellekt, vom Sichverschließen vor der Realität.

Dienstag, 27. Mai 2008

Geist

Wenn die Philosophie Geist beschreibt als „die über das Sinnliche und Materielle hinausgehende intelligente Seite des menschlichen Seins“, die dem Menschen auf dem Weg über bewusstes Denken, Abstraktion und Reflexion den Zugang zu einer übergeordneten intelligiblen Welt ermöglicht, so bezieht sich das auf das Große und Ganze des menschlichen Seins.

Man kann diese Aussagen über den Menschen aber durchaus auch auf den Mikrokosmos eines Unternehmens übertragen. Was die Philosophen beim Menschen das Leibfundament nennen – seine materiell-sinnliche Seite mit seinen physischen Grundbedürfnissen – sind beim Unternehmen die materiellen Ressourcen:
die Produktionsmittel,
die Firmengebäude,
die logistischen Systeme und
die Mitarbeiter als solche – alles, was ein Unternehmen zum Funktionieren auf der praktischen Ebene braucht.

Und wie beim Menschen zum Leben in einer geordneten Existenz die Steuerung und Organisation durch den Nous, den Geist, gehört, so steht und fällt auch die Existenz eines Unternehmens mit der Steuerung, Planung und Organisation durch die Intelligenz, die Vernunft, den Geist.

Montag, 26. Mai 2008

Schwarmintelligenz

Stellt man sich ein Unternehmen als lebendiges System vor, in dem jeder Mitarbeiter sich als Teil eines größeren Ganzen sieht und dabei die vom Management definierten strategischen Ziele klar vor Augen hat, die allerdings flexibel und anpassungsfähig sind, verschwimmen festgelegte Strukturen und Hierarchien.

Mehr Handlungskompetenz der Mitarbeiter, autonome Teambildung zur Problemlösung und spontane Kooperationsfähigkeit gewinnen an Bedeutung – all dies natürlich im Rahmen verbindlicher Grundregeln. Eine solche „Swarming Organization“ ist hoch dezentralisiert, dynamisch, nicht linear und adaptiv.

Die Teams bilden sich eigenverantwortlich und wählen auch die Werkzeuge, die sie in der konkreten Situation zur Erfüllung ihrer Ziele brauchen. Swarming Technology als Vorbild für eine hoch angepasste Businessstrategie im Wissenszeitalter.

Aus: ZeitGeist 1/2006, Andreas Neef: „Schwarmintelligenz als neues Leitbild für die Evolution sozialer Komplexität“

Sonntag, 25. Mai 2008

Komplexität

Die Probleme, mit denen wir heute konfrontiert sind, werden immer komplexer. Komplexität gehört zu den Charakteristika unserer Zeit. Komplex bedeutet vielschichtig und undurchschaubar. Der Gegenpol zu komplex ist transparent. Transparenz entsteht, wenn Strukturen und Zusammenhänge erkennbar sind.

Die Dinge einfacher zu machen, wie vielfach gefordert wird, ist der Versuch, auf einer Glatze Locken zu drehen, denn „einfach“ ist nicht der Gegenpol zu komplex. Einfach ist der Gegenpol zu kompliziert.

Managing Compexity heißt: komplexe Sachverhalte und Situationen an Hand ihrer Strukturen und Zusammenhänge durchschauen und dadurch zu erfolgreichem, sinnvollem Handeln fähig sein.

Samstag, 24. Mai 2008

Flow – müheloses Aufgehen im Tun (aus: ZeitGeist 1/2006)

Ist es Ihnen schon einmal widerfahren, dass Sie beim Schreiben eins geworden sind mit dem entstehenden Text? Oder dass Sie beim Fahren auf der Autobahn entspannt und fast von selbst dahinglitten wie von einem unsichtbaren „Feld“ getragen? Oder beim Lesen eines spannenden Buches derart vertieft waren, dass die Welt um Sie herum aufhörte zu existieren?

Kinder kennen das In-sich-Versunkensein vom Spielen, für Sportler ist es das wünschenswerte Optimum. Wissenschaftler nennen den Zustand „Flow“ (von englisch fließen, schweben).

Einer, der ihn erforscht hat, ist der Psychologe Mihaly Csikszentmihalyi, Direktor des Quality of Life Center und Professor an der Claremont Graduate University in Kalifornien. Er erkannte, dass wir den Flow-Zustand nur selten beim Nichtstun oder im Urlaub erreichen, sondern vielmehr dann, wenn wir uns intensiv einer Arbeit oder schwierigen Aufgabe widmen. Auf Knopfdruck lasse er sich nicht abrufen, man könne allerdings die Voraussetzungen schaffen. Csikszentmihalyi identifizierte mehrere Kriterien, die dieses Phänomen charakterisieren, aber nicht alle zugleich auftreten müssen:
• Wir sind fähig, uns auf unser Tun zu konzentrieren, sind nicht abgelenkt und lassen uns nicht ablenken.
• Wir sind der Tätigkeit hinsichtlich unserer Fähigkeiten gewachsen. Es besteht eine Herausforderung, die jedoch nicht zu anspruchsvoll sein darf.
• Die Tätigkeit hat klare Ziele und wir wissen, wie diese zu erreichen sind.
• Die Tätigkeit ermöglicht unmittelbare Rückmeldung (richtig/falsch).
• Wir haben das Gefühl von Kontrolle über unsere Aktivität.
• Unsere Sorgen um uns selbst verschwinden. Dies kann als Ausweitung des Selbst über die Körpergrenzen hinweg erlebt werden. Es ist keine Zeit für Selbsterforschung – wir sind einfach.
• Unser Gefühl für Zeitabläufe ist verändert. Die Zeit scheint schneller zu vergehen oder stehen zu bleiben.

Diejenigen, die den Flow-Zustand erfahren haben, schildern ihn auf ganz unterschiedliche, oft gegensätzliche Weise: als Leichtigkeit, als Gefühl von Freiheit, Frieden, der Ruhe, als Gefühl des Losgelöst- oder Einsseins, als überraschendes Wohlgefühl, Fließen, Automatismus, Kraft, Ehrfurcht, Kontrolle, Ekstase, Im-Augenblick-Sein, als veränderte, übernatürliche Wahrnehmung oder ganz einfach als mystische Erfahrung. Ihnen allen gemein sei, so Csikszentmihalyi, dass Denken, Fühlen und Wollen in Übereinstimmung war, während sie der Tätigkeit nachgingen. Und wer einmal in diesen Zustand gelangt sei, werde ihn auch ein zweites Mal erleben – und immer wieder, betont er weiter.

Aus: ZeitGeist 1/2006

Freitag, 23. Mai 2008

Motivation

Wer eine Aufgabe hat, die ihn motiviert, erfährt einen Sinn, der seinem Tun und seinem Leben eine Richtung gibt. Motivation bedeutet Freude am Handeln, Ansporn zu Neuem und selbstbestimmte Persönlichkeit. Ein motivierter Mensch ist gewillt und fähig, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Sinnvolle Aufgaben fordern also nicht nur Energie, sie setzen auch Energie frei.

Die Motivationspsychologie stellt fest:
In lebensbedrohenden Notsituationen motivieren der reine Überlebenswille und die angeborenen Instinkte den Menschen zum Handeln.
Unter normalen Bedingungen sind zwei psychische Faktoren unabdingbare Voraussetzung für das Entstehen von Motivation: Identität im Sinne eines gesunden Selbstbewusstseins und Selbstwertgefühls und das Gefühl der Autonomie, der Fähigkeit und Möglichkeit zu selbständigem und selbstverantwortlichem Handeln.

Donnerstag, 22. Mai 2008

Kybernetik ( Norbert Wiener)

Kybernetik ist die Wissenschaft von der Struktur komplexer Systeme, insbesondere der Kommunikation und Steuerung einer Rückkopplung (Feedback).

Das Hauptinteresse der Kybernetiker gilt der Navigation, die dynamischen, selbstregulierenden Systemen dazu dient, ein Gleichgewicht aufrechtzuerhalten und ein vorgegebenes oder immanentes Ziel zu erreichen.

Kybernetes bedeutet im Griechischen „Steuermann eines Schiffes“. Platon benutzte diesen Begriff, wenn er vom „Mann am Steuerruder einer Regierung“ sprach. Der Apostel Paulus versuchte mit diesem Begriff „die Fähigkeit zu leiten“ zu beschreiben.

Der amerikanische Mathematiker Norbert Wiener gilt als Begründer der Kybernetik als wissenschaftliche Disziplin. Heute behandelt man die Themen der Kybernetik in der Systemtheorie, in der Technik unter der Bezeichnung Regelungstechnik sowie in den Geisteswissenschaften und der Psychologie unter dem Begriff Systemik.

Mittwoch, 21. Mai 2008

Synergie

Dem Wortsinn nach „das Zusammenwirken mehrerer Kräfte zu einem Ziel“, ist Synergie mehr als die Summe dieser Kräfte. Wirkung und Wert der Synergie entstehen nicht auf quantitative Weise, sondern durch den qualitativen Sprung, der in dem jeweiligen Geschehen stattfindet. Am Beispiel der Töne a, e und g:

Einzeln angeschlagen sind sie eigenständige, klar erkennbare Töne, die sogar in ihren Schwingungen physikalisch gemessen und definiert werden können. Zusammen angeschlagen bilden sie einen Dreiklang, der eine ganz andere und neue Qualität besitzt: Das Ganze ist mehr und etwas anderes als die Summe seiner Teile.